Anzeige

Schwieriger Finanzvergleich zwischen den Ländern

Schwieriger Finanzvergleich zwischen den Ländern

Bild: zvg

Thomas Pfann Wer häufig im Ausland unterwegs ist, kennt die oft intensiven Gespräche über Geld, Einkommen und Steuern. Die Schweiz gilt in sehr vielen Ländern als beispielhaft, was Einkommen, Wohlstand und Lebensqualität betrifft. Im internationalen Vergleich ist diese Wahrnehmung sicher richtig, denn grundsätzlich ist der Schweizer Lebensstandard relativ hoch – für alle Bevölkerungsschichten. Selbstverständlich existieren aber auch hier markante Unterschiede. Längst können sich nicht alle alles leisten und nach wie vor gibt es Löhne unter dem Existenzminimum. Dennoch sind die Lebensumstände finanzieller und materieller Art hierzulande besser als in den meisten Ländern der Welt.

Wer viel Geld verdient, ist nicht automatisch reich. Wie viel Geld zum Leben bleibt, lässt sich aus dem Verhältnis zwischen Einkommen und Ausgaben relativ einfach berechnen. Schwierig bleibt die Berechnung, ob das Geld reicht für ein Leben im Überfluss oder gerade genug ist, um den Alltag zu bestreiten.

«Unverändert zur Situation vor rund zehn Jahren ist die Steuerbelastung für Schweizerinnen und Schweizer im internationalen Vergleich mit 28,1 Prozent noch immer relativ tief.»

Nicht immer einfach sind die direkten Vergleiche, wenn es um Einkommen und Kaufkraft – oder um Fixkosten und Steuern geht. Lässt sich ein definierter Monatslohn vergleichen ohne Miteinbezug von Wohnungsmiete, Sozialabgaben und Lebenshaltungskosten? Darf man Begriffe «teuer» oder «billig» überhaupt anwenden, wenn man nicht weiss, in welchen Relationen diese Begriffe in Bezug auf das Einkommen und die Wertschöpfung stehen? Ein schwieriges Unterfangen, zumal sich auch die Bedürfnisse und das Verständnis von Komfort und Wohlstand in vielen Ländern stark unterscheiden.
      

Wie lange arbeiten für einen Liter Milch

Eine relativ einfache Methode ist der Vergleich von Produktpreisen in den jeweiligen Ländern. Dies funktioniert allerdings niemals, wenn man die blossen Kosten für vergleichbare Erzeugnisse gegenüberstellt. Für ein mehr oder weniger aussagekräftiges Resultat dient der Vergleich des Arbeitsaufwandes, der nötig ist, um das Produkt zu erwerben.

Ein Beispiel: Ein Liter Milch kostet in der Schweiz durchschnittlich zwischen 1.60 und 1.80 Franken. Gemäss des 2019 eruierten Durchschnittslohns einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers als Sachbearbeiterin oder Kaufmann muss diejenige Person rund 3 Minuten arbeiten, damit sie einen Liter Milch kaufen kann.
 

Schwieriger Finanzvergleich zwischen den Ländern-2
Fiskalquote der Schweiz im internationalen Vergleich, in % des BIP, 2018, Japan: Werte des Jahres 2017. Grafik/Quelle: OECD, Eidgenössische Finanzverwaltung EFV, 2019

Ein Vergleich mit einem anderen Land – nehmen wir zum Beispiel die Ukraine – zeigt nun die Differenz der Kaufkraft sehr deutlich: Hier sitzt die Sachbearbeitern oder der Kaufmann rund 23 Minuten am Bürotisch, bis sie oder er sich den Liter Milch für einen ungefähren Preis von 0.90 Franken (!) leisten kann. Die Löhne betragen hier nämlich zwischen 300 und 400 Franken im Durchschnitt.

Bei dieser Berechnung sind weder die unterschiedlichen Löhne in den verschiedenen Branchen und Positionen mit einbezogen, noch haben die Landesregionen und Stadt- oder Landgebiete eine Relevanz. Ebenso fehlen die Berechnungsgrundlagen zu den festen Ausgaben in den Bereichen Wohnen, Versicherungen, Gesundheitskosten, allgemeine Lebenshaltungskosten usw. Der Vergleich hierbei zeigt ein komplett konträres Bild, zum Beispiel bei den Kosten für Wohnraum: Während in der Ukraine, ausgenommen in Grossstädten wie Kiew, Odessa oder Livov, die Miete einer 4-Zimmer-Wohnung umgerechnet zwischen 170 und 280 Franken kostet, bezahlt man in der Schweizer Kleinstadt oder auf dem Land für den ähnlichen Wohnraum 1500 bis 2200 Franken.
 

Schwieriger Finanzvergleich zwischen den Ländern-3
Für einen Liter Milch arbeitet man in der Ukraine ca. 23 Minuten, in der Schweiz 3 Minuten lang. Grafik: Thomas Pfann

Bezieht man die Aufwände für Krankenversicherung und Gesundheitsversorgung in die Lebenskosten mit ein, ist die Diskrepanz zwischen den Ländern noch viel deutlicher. Die Kosten im Bereich der ärztlichen Versorgung, bei Spitalaufenthalten und bei der Pflege sind in der Schweiz gegenüber denjenigen in der Ukraine um ein Mehrfaches höher.

Die Fiskalquote als Vergleichsinstrument

Ein weiterer deutlicher Unterschied besteht bei den Abgaben, die Bürgerinnen und Bürger in den verschiedenen Ländern an den Staat entrichten müssen. Hierzu dient die Fiskalquote.

Über das Verhältnis der Steuerabgaben zwischen der Schweiz und den Nachbarländern gab die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 2010 eine Studie in Auftrag. Im Zentrum stand die Fiskalquote, gleichbedeutend mit dem Zusammenschluss von Steuern und Abgaben, die im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt (BIP) stehen. Die Fiskalquote bezeichnet grundsätzlich, wie viel Prozent des gesamten Einkommens in der Wirtschaft in Form von Steuern, Gebühren und anderen Abgaben an den Staat abgeliefert werden müssen.

In die Berechnung flossen Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie die obligatorischen Sozialversicherungsbeiträge. Als Grundlage für die Ermittlung der Fiskalquote basierte die OECD-Studie auf Erhebungen sowohl aus der Schweiz als auch aus den Mitgliedsländern der OECD. Im internationalen Vergleich fiel die Fiskalquote der Schweiz während der letzten Jahre tief aus. 2010 belief sie sich in Prozent des BIP auf 26,7, ein Jahrzehnt zuvor lag sie mit 27,7 leicht höher, 1990 jedoch nur bei 23,8 Prozent.

Unverändert zur Situation vor rund zehn Jahren ist die Steuerbelastung für Schweizerinnen und Schweizer im internationalen Vergleich mit 28,1 Prozent noch immer relativ tief. Ein Blick auf die Fiskalquote der öffentlichen Haushalte bestätigt den Befund. Die Fiskalquote stellt die Steuereinnahmen und Sozialversicherungsabgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt dar. Von den auf der Grafik dargestellten OECD-Ländern war im Jahr 2019 Frankreich Steuer-Spitzenreiter mit einer Fiskalquote von 46,1 Prozent. Irland wies mit 22,3 Prozent die tiefste Quote der Steuerbelastung auf. Erneut fiel die durchschnittliche Fiskalquote in der OECD mit 34,3 Prozent deutlich höher aus als diejenige der Schweiz.

www.efv.admin.ch
Suchwort «Fiskalquote
 

404 - Seite nicht gefunden

Leider ist die gewünschte Seite unter dieser Adresse nicht auffindbar. Bitte versuchen Sie, sie über unsere Suchfunktion zu finden.